Coconut Kiss - 4c media Cocktail

(Alkoholfreier Cocktail aus Kokossirup, Sahne, Ananas-Orangen- und Kirschsaft mit Eis)

Ganz ohne Frage war das wieder so einer dieser Tage. Einer von der Sorte, die schlecht und ohne viel Schlaf anfingen und nur wenig besser wurden. Und wenn man sich damit abgefunden, die fünfte Zigarre und eine halbe Flasche Scotch intus hatte und mit hochgelegten Füßen und heruntergelassenen Jalousien dem Lärm auf der Straße Ecke Chandler und Raymond Avenue lauschte, dann machte der Tag eine Kehrtwende und versuchte, zu überraschen. An diesem Abend überraschte er mich mit halb offenem Hemd und rot geränderten Augen in Form einer langbeinigen Rothaarigen, die durch die Tür meiner kleinen Detektei hereinschwebte.Ihren Luxuskörper bedeckte ein spärlicher Hauch von einem Nichts, der zu einem noch geringeren Nichts wurde, als sie rittlings auf meinen Schreibtisch Platz nahm. Kontrolle ist alles, besonders in einem Job wie diesem, aber manchmal tut man sich schwer damit ... .

Aus ihrer Handtasche zog sie ein kleines seidenes Taschentuch und tat so, als würde sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischen. Dann beugte sie sich in einer bezaubernden Wolke aus exotischen Düften zu mir herunter. “Ich suche meinen Mann”, hauchte sie. Für einen Moment war ich mir sicher, sie hätte “einen Mann” gesagt, und ich war drauf und dran, mich anzubieten. Aber sie erzählte zum Glück weiter. Das sie Sängerin in einem Club am Ostende der Stadt sei, und das Tommy das noch nie gefallen hatte, aber sie würde nicht im Traum daran denken, damit aufzuhören, nicht bei der Gage, den Arbeitszeiten, und ganz allgemein möge sie das leicht verruchte Ambiente in dem Club, mitsamst den zumeist zwielichtigen Gestalten wie Eddie “TopDollar” Bianco oder Steve One-Eye.

Ich dachte so bei mir, das man Tommy sein Mißfallen nicht verübeln konnte, wenn er seine Prinzessin jede Nacht mit Leuten wie Steve herumhängen sah. Tommy machte wohl auch keinen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber den Herren in der Lokalität, wo seine Frau verkehrte, ab und zu gab es auch auf die Nase, meistens auf Tommys Nase. Dann hätte es mit diesen Treffen angefangen, immer bei Nacht, an den Docks, oder auf alten Werksgeländen wie “Potter Motors”. Leute mit Hüten und schwarzen Anzügen, Trommelgewehren, Koffern - das übliche Programm eben, das für gewöhnlich damit endet, daß man sich mit einem stattlichen Paket Beton an den Füßen auf dem Grund des Hafenbeckens wiederfindet. “Seit 3 Tagen ist Tommy nicht wieder zuhause gewesen”, hauchte die Lady schließlich, und ihr Kopf war über die Erzählung hinweg meinem um einiges näher gekommen, Zu nah, um genau zu sein. Ich bemühte mich, etwas körperlichen wie emotionalen Abstand zu bekommen, und lief einige Runden im Büro auf und ab, fragte sie nach den üblichen Dingen, Gewohnheiten ihres Mannes, Familie, Polizeifragen eben. 

Nachdem wir alles so weit geklärt hatten, blieb die wichtigste Frage, wer sie war, und wo ich sie finden konnte, wenn ich etwas herausgefunden hätte. Sie kramte wieder in ihrer Handtasche, zauberte eine kleine Karte hervor und ließ sie auf den Boden fallen. “Rufen Sie mich an, fragen sie nach Laverne ... “ ließ sie mich wissen, hauchte mir noch einen Handkuß zu und verschwand durch die Glastür, an der nur noch wenige Buchstaben meines “Geschäftes” einwandfrei leserlich waren.

Ihre plötzliche Abwesenheit erzeugte bei mir eine seltsame Leere, und Hunger, also rief ich Tucker, meinen Informanten, an um mit ihm einen Happen Essen zu gehen. Es klingelte, aber keiner hob ab. Als ich meinen Mantel überwerfen wollte, um eben alleine wie so oft mir etwas Eßbares zu beschaffen, konnte ich gerade noch aus den Augenwinkeln den Schatten vor der Tür sehen.

Instinktiv sprang ich hinter meinen Holzschreibtisch, landete unsanft auf dem Kopf und mußte mit anhören, wie ein zumindest für mich gesichtsloser Fremder das Magazin seines Trommelgewehres in meine Büroeinrichtung pumpte. Während ich meinen Kopf vor den Kugeln und den herumfliegenden Holzsplittern zu schützen versuchte, viel mein Blick auf die Karte, die mir die rothaarige Prinzessin zugeworfen hatte. “The Coconut Kiss”, war zu lesen, umrahmt von zwei langen Beinen und einer Telefonnummer. Und da wußte ich, daß das definitiv wieder einer von diesen Tagen war ... 

Coconut Kiss
4c goes Casablanca